Mittwoch, 26. März 2014

Exklusivität der Maßschneiderei


Das passende Garn für jeden Zweck.


Vom Wesen der Maßschneiderei (1)

Sich selbst Kleider nach Maß nähen zu lassen liegt außerhalb des Erfahrungshorizontes der allermeisten Frauen. Diese sind es seit Jahrzehnten gewohnt, Kleidung von der Stange zu kaufen. Sie wählen aus bereits vorhandenen Kleidungsstücken aus und schauen nur noch nach der passenden Größe. Doch sich auf diese Weise einzukleiden ist, historisch betrachtet, neu. Konfektionskleidung gibt es noch nicht lange. Vor 50 Jahren ließen sich die Frauen in ländlichen Regionen Kleider, Röcke, Blusen und Jacken von Schneiderinnen nähen oder sie nähten selbst. Allenfalls die Mäntel waren zu der Zeit Konfektionsware. Und Frauen trugen noch keine Hosen, allenfalls Skihosen.

Ein Oberteil aus weißem Baumwollpikee vor der Anprobe.
Sich Kleidung nach Maß anfertigen zu lassen, bringt Frauen in eine völlig andere Situation, als lediglich im Modehaus etwas auszuwählen. – Im Schneideratelier ist die Kundin keine bloße Konsumentin. Sie spielt eine aktive Rolle und bringt sich mit ihren Wünschen und Vorstellungen in den Herstellungsprozess ein. Frauen, die selbst nähen, wissen welche Entscheidungen beim Herstellen eines Kleidungsstücks zu treffen sind. Im Detail sind dies u.a.: Länge, Weite, Teilungsnähte, Abnäher, Faltenlegung, Ausschnitt, Kragenform, Verschlüsse, Knopfleisten, Taschen, Taschenklappen, Rockschlitz vorne oder hinten ... 

Die wichtige Anprobe

Wer sich Maßkleidung anfertigen lässt, handelt nicht spontan, sondern wohlüberlegt. Meist wird ein Kleidungsstück auf einen besonderen Anlass hin angefertigt. Das Fertigen von Maßkleidung zieht sich von der Stoff- und Modellauswahl über einige Wochen hin. (Stoffe stammen entweder aus einem der existierenden Stoffgeschäfte oder aus einer Stoffkollektion.) Die Maßschneiderin schneidet die Stoffteile nach einem selbst angefertigten Muster zu und bringt das Kleidungsstück zur ersten Anprobe in einen halbfertigen Zustand. Dabei sind einige Nähte nur geheftet. Dann kommt die Anprobe, bei der die Nähte noch exakt der Körperform angepasst werden. Auch Saumlänge, Ausschnittform etc. werden durch Abstecken mit Stecknadeln korrigiert. Gegebenfalls muss ein zweites Mal anprobiert werden.

Kleidung lange tragen

Wer für sich schneidern lässt, entwickelt im Idealfall schon während des Herstellungsprozesses eine enge Beziehung zum Kleidungsstück. Es wird für die spätere Trägerin durch die vielen Überlegungen und die handwerkliche Arbeit, die in ihm stecken, wertvoller als Kleidung von der Stange. Ein solches individuell genähtes Kleidungsstück hat Bestand, es begleitet die Trägerin im Idealfall viele Jahre oder gar Jahrzehnte. Dies ist eine nachhaltige und ökologisch orientierte Form des Wirtschaftens und auf lange Sicht gesehen ökonomisch dazu. 


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